Julia Willie Hamburg: Landesregierung muss Impfstrategie überarbeiten

  • Veröffentlicht am: 17. Mai 2021 - 12:23

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© Unsplash Markus Spiske

Aus aktuellen offiziellen Angaben der Bundesregierung über die Liefermengen für Corona-Impfstoffe für Impfzentren bis Ende Juni geht hervor, dass Niedersachsen in den kommenden Wochen gemeinsam mit einigen anderen Bundesländern stufenweise immer weniger Impfstoff von BioNTech/Pfizer erhält (siehe Anlage). Von aktuell wöchentlich mehr als 180.000 Impfdosen schrumpft die Menge auf 40.000 pro Woche Ende Juni zusammen. Dem massiven Rückgang bei BioNTech steht zwar eine erhöhte Lieferung für AstraZeneca gegenüber. Dieser Impfstoff wird aber nur eingeschränkt verwendet. Damit steht die aktuelle Impfstrategie des Landes in Frage.

Julia Hamburg, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag:

„Die Landesregierung muss endlich Klarheit über den Fortgang der Impfkampagne schaffen. Der massive Rückgang der BioNTech-Lieferungen ist nämlich ein Schlag ins Kontor der derzeitigen Impfstrategie, nicht nur für die ohnehin vorerst reduzierten Erstimpfungen, sondern auch für die geplanten Zweitimpfungen. Mit den erhöhten AstraZeneca Lieferungen kann am Ende nur Menschen über 60 ein verlässliches Impfangebot gemacht werden – diese sind aber größtenteils schon geimpft. Sie sind also kein Ausgleich für den Wegfall von BioNTech-Impfstoff. Die Landesregierung muss deshalb umgehend einen aktualisierten Zeitplan für die jeweiligen Priorisierungsgruppen vorlegen und erklären, ob die zu erwartende Menge der BioNTech-Dosen überhaupt für die anstehenden Zweitimpfungen im Juni reichen wird.

Durch die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), AstraZeneca-Erstgeimpften unter 60 Jahre nun eine Zweitimpfung mit BioNTech anzubieten, ist der Bedarf an BioNTech-Impfstoff deutlich gestiegen. Gleichzeitig muss die Landesregierung klären, wie sie ausreichend MRNA-Impfstoffe für die Menschen unter 60 organisieren möchte und was das für die Impfzeitpläne heißt. Es wäre fatal, wenn diese sich durch eine lange Wartezeit gezwungen fühlen, entgegen der Empfehlungen der STIKO sich doch mit AstraZeneca zu impfen, weil sie keine andere Perspektive mehr sehen. Auch stellt sich die Frage, was mit den anstehenden Impfungen für die 12-16-Jährigen passieren soll, sobald BioNTech für diese Gruppe zugelassen sein wird.

Ministerpräsident Weil hatte bekanntlich dazu aufgefordert, alles zu verimpfen, weil hohe und stabile Impfstoff-Lieferungen zu erwarten seien. So hat er auch die derzeitigen Lockerungen begründet. Offenbar basierten diese Annahmen auf einer falschen Prognose. Es ist an der Landesregierung, hier nun Antworten zu geben und die Strategie anzupassen und nicht wieder die Schuld auf andere zu schieben.

Es ist auffällig, dass einige Bundesländer mit Einbruch bei BioNTech-Lieferungen mehr AstraZeneca erhalten, während andere kaum noch oder keinen AstraZeneca-Impfstoff mehr beziehen. Dies wirbelt die Impfstrategie der Bundesländer, die alle in den nächsten Monaten einen hohen BioNTech Bedarf haben, komplett durcheinander. Der Ministerpräsident muss aufklären, wie es zu diesen unterschiedlichen Liefermengen kommt. Inwiefern war das eigentlich ein Thema auf der Ministerpräsidenten-Konferenz, die über die Verteilung des Impfstoffes gesprochen hat? Wie hängt die Menge BioNTech-Impfstoff mit der Abnahme von AstraZeneca zusammen? Es wäre fatal, Länder mit mehr BioNTech-Impfstoff dafür zu belohnen, dass sie die Abnahme von AstraZeneca verweigern. Entscheidend ist schließlich in allen Bundesländern, das ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, der für die zu impfenden Altersgruppen auch tatsächlich geeignet ist. Da sitzen die Bundesländer gemeinsam in einem Boot.“